Vorlesung in Vor- und Frühgeschichte
Schauer
Für die in Mitteleuropa seit dem 6. Jahrtausend v. Chr. Geb. übliche bäuerliche Lebensweise bedeutete die Übernahme früher Metallurgie im 4. Jahrtausend v. Chr. einen einschneidenden Wandel. Die bis dahin gültigen Formen des Gütertausches änderten sich nicht nur grundlegend, sondern auch das Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt (Stichwort: Rohstofflandschaften) und zu seinen Mitmenschen (Stichwort: Sozialordnung und Herrschaftsformen). Die frühesten archäologischen Belege für beginnende Metallverarbeitung stammen bislang aus bäuerlich-neolithischen Ansiedlungen Nordmesopotamiens und Anatoliens (7./6. Jahrtausend v. Chr.). Ziel der Vorlesung ist es, die Entstehung und Ausbreitung der Metallurgie aus ihrem westasiatischen Ursprungsgebiet über die Ägäis nach Südost- und Mitteleuropa zu verfolgen, um deren Auswirkung auf die dort herrschende bäuerliche Wirtschaftsweise festzustellen.
Literatur: J.J. Butler u. J.D. van der Waals, Bell Beakers and Early Metalworking. Palaeohistoria 12, 1966 (1967), S. 41 ff.; J. Deshayes, Les Outils de Bronze de l'Indus au Danube (IVe - IIe millénaire) (1960); R.J. Forbes, Studies in Ancient Technology 8 (1964); H.-J. Hundt, Zu einigen vorderasiatischen Schaftlochäxten und ihrem Einfluß auf den donauländischen Guß von Bronzeäxten. Jahrb. RGZM 33, 1986, S. 131 ff.; H. Müller-Karpe, Handbuch der Vorgeschichte, 3. Band: Kupferzeit (1974); M. Müller-Karpe, Neue Forschungen zur frühen Metallverarbeitung in Mesopotamien. Jahrb. RGZM 36, 1989 (1992), S. 179 ff.; A. Müller-Karpe, Studien zur Geschichte des altanatolischen Metallhandwerkes. Offa Bücher 75 (1994); H. Parzinger, Studien zur Chronologie und Kulturgeschichte der Jungstein-, Kupfer- und Frühbronzezeit zwischen Karpaten und Mittlerem Taurus. Röm.-Germ. Forsch. 52 (1993); R.F. Tylecote, A History of Metallurgy (1976); R.F. Tylecote, The Early History of Metallurgy in Europe (1987); M. Egg u. Chr. Pare, Die Metallzeiten in Europa und im Vorderen Orient. Die Abteilung Vorgeschichte im Römisch-Germanischen Zentralmuseum. Kataloge vor- und frühgeschichtlicher Altertümer 26 (1995); Die Editionsreihe "Prähistorische Bronzefunde".
Die Vor- und Frühgeschichtsforschung vermag nur selten die archäologischen Quellen zum Nachweis von Sakralgut der Bronzezeit zwischen Alpen und Mittelgebirgen eindeutig zu definieren. Einschlägige Befunde, die in dieser Richtung gedeutet werden können, liegen indes in großer Zahl sowohl von sogenannten "naturheiligen Plätzen" als auch als Einzelfunde vor. Die methodische Vorgehensweise, um Regelbefunde erkennen zu können, soll im Hauptseminar zusammen mit Deutungsmöglichkeiten für einzelne exemplarische Befunde erörtert werden.
Literatur: G. Kossack, Studien zum Symbolgut der Urnenfelder- und Hallstattzeit Mitteleuropas. Röm.-Germ. Forsch. 20 (1954); W. Torbrügge, Die bayerischen Inn-Funde. Bayer. Vorgeschbl. 25, 1960, S. 16 ff.; W.H. Zimmermann, Urgeschichtliche Opferfunde aus Flüssen, Mooren, Quellen und Brunnen Südwestdeutschlands. Ein Beitrag zu den in Opferfunden vorherrschenden Fundkategorien. Neue Ausgr. u. Forsch. in Niedersachsen 6, 1970, S. 53 ff.; W. Torbrügge, Vor- und frühgeschichtliche Flußfunde. Zur Ordnung und Bestimmung einer Denkmälergruppe. Ber. RGK 51-52, 1970-71 (1972), S. 1 ff.; G. Wegner, Die vorgeschichtlichen Flußfunde aus dem Main und dem Rhein bei Mainz. Materialhefte zur Bayerischen Vorgeschichte, Reihe A - Fundinventare und Ausgrabungsbefunde 30 (1976); W. Kubach, Deponierungen in Mooren der südhessischen Oberrheinebene, in: Jahresber. Inst. Vorgesch. Univ. Frankfurt a.M. 1978-79 (1980), S. 189 ff.; P. Schauer, Urnenfelderzeitliche Opferplätze in Höhlen und Felsspalten, in: Studien zur Bronzezeit (Festschr. Wilhelm Albert v. Brunn) (1981), S. 403 ff.; P. Schauer, Stand und Aufgaben der Urnenfelderforschung in Süddeutschland, in: Beiträge zur Urnenfelderzeit nördlich und südlich der Alpen. Monographien RGZM 35 (1995), S. 121 ff.; H. Parzinger u.a., Die Bycí-skala-Höhle (1995).
Anhand des DFG-geförderten Forschungsprojektes zur Rekonstruktion bronze- und urnenfelderzeitlicher Siedlungsvorgänge in Landschaften mit Bergbefestigungen am Beispiel Bogenberg, Lkr. Straubing-Bogen, Niederbayern, sollen die Möglichkeiten interdisziplinärer Zusammenarbeit von Prähistorischer Archäologie, Bodenkunde, Physischer Geographie und Paläobotanik aufgezeigt und deren Resultate für die frühe Landesgeschichte (2. und frühes 1. Jts. v. Chr.) besprochen werden.
Literatur: H.-J. Hundt, Der Bogenberg bei Bogen (Niederbayern) in vor- und frühgeschichtlicher Zeit. Bayer. Vorgeschbl. 21, 1956, S. 31 ff.; Ders., Katalog Straubing II. Die Funde der Hügelgräberbronzezeit und der Urnenfelderzeit. Materialhefte Bayer. Vorgesch. 19 (1964), SS. 68 ff., 111 ff.; J. Pätzold, Die vor- und frühgeschichtlichen Geländedenkmäler Niederbayerns. Materialhefte Bayer. Vorgesch. Reihe B 2 (1983); M.W. Buch, Spätpleistozäne und holozäne fluviatile Geomorphodynamik im Donautal zwischen Regensburg und Straubing. Regensburger Geogr. Schriften 21 (1988); W. Schier, Zur vorrömischen Besiedlung des Donautales südöstlich von Regensburg. Bayer. Vorgeschbl. 50, 1985, S. 9 ff.; K. Böhm u. K. Schmotz, Die vorgeschichtliche Besiedlung des Donautales nordwestlich von Straubing und ihre geologischen Voraussetzungen. Jahresber. Hist. Ver. Straubing 81, 1979, S. 39 ff.; K. Brunnacker u. G. Kossack, Ein Beitrag zur vorrömischen Besiedlungsgeschichte des niederbayerischen Gäubodens. Arch. Geogr. 6, 1957, S. 43 ff.
Das Seminar gibt eine Einführung in Theorie und Methode archäologischer Forschung sowie einen Überblick über die archäologischen Quellen Alteuropas bis zur Latènezeit. Nicht nur für Anfänger.
Literatur: C. Renfrew u. P. Bahn, Archaeology (21994); H.J. Eggers, Einführung in die Vorgeschichte (21974); K. Jazdzewski, Urgeschichte Mitteleuropas (1984); W. Menghin, Kelten, Römer und Germanen (1980).
Übungen in Vor- und Frühgeschichte
Schauer
Anhand von selbständig erarbeiteten Referaten soll das Thema der Vorlesung vertieft werden.
Literatur: Vgl. Angaben zur Vorlesung.
Die Übung befaßt sich mit den jüngeren, angeblich "skythischen" Gruppen der karpatenländischen Nomadenkulturen eurasischer Herkunft, besonders der sogenannten Vekerzug-Kultur. In selbständiger Erfassung und Auswertung verschiedener Fundgruppen sollen chronologische Probleme, Fragen der kulturellen Genese der Vekerzug-Kultur im Spannungsfeld zwischen Ackerbau betreibenden und nomadisierenden Kulturen sowie deren Einflüsse auf die mitteleuropäische Hallstattkultur untersucht werden.
Literatur: J. Chochorowski, Die Vekerzug-Kultur (1985); Ders., Die Rolle der Vekerzug-Kultur (VK) im Rahmen der skythischen Einflüsse in Mitteleuropa, Prähistorische Zeitschrift 60, 1985, S. 204-271; M. Dusek, Thrakisches Gräberfeld der Hallstattzeit in Chotin (1966); M. Parducz, Die charakteristischen skythischen Funde aus dem Karpatenbecken und die damit verbundenen ethnischen Fragen, in: Symposion zu Problemen der jüngeren Hallstattzeit in Mitteleuropa (1974), S. 311 ff.; V. Vasiliev, Scitii agatirsi pe teritoriul Romaniei (1980); G. Marinescu, Die jüngere Hallstattzeit in Nordostsiebenbürgen, Dacia 28, 1984, S. 47 ff.
Die Teilnehmer der Übung sollen mit einem wesentlichen Aspekt der archäologischen Alltagspraxis vertraut gemacht werden und sich mit eigenen Leistungen an dem von Herrn Rind geleiteten Projekt beteiligen.